Ich sitze im Zug und weine.
Ein Fremder fragt mich: „Warum weinen Sie?“
Ich antworte: „Weil ich geboren wurde um unglücklich zu machen.“
Er fragt:“ Warum?“
Ich sage: „Weil es leichter ist jemanden unglücklich zu machen als glücklich zu machen.“
Er fragt: „ Wie kommen Sie darauf?“
Ich antworte: „ Ich erzähle es Ihnen, aber es wird Sie nicht glücklich machen.“
Er setzt sich hin: „Ich höre zu.“
Und ich fange an zu erzählen.
Ich bin geboren worden, um meine Eltern unglücklich zu machen. Denn sie gehörten nicht zusammen und mussten wegen mir miteinander ausharren.
Dafür wurde ich bestraft, denn mein Stiefvater ist auch ein Mensch, der geboren wurde andere unglücklich zu machen.
Am Ende war ich meinen Eltern gleichgültig. Am Ende werde ich allen gleichgültig sein.
Dann machte ich viele junge Männer unglücklich, die meinten ich liebte sie und die mir ihre Liebe schenkten. Aber sie wussten nicht, dass ich gar nicht lieben kann, denn ich wurde ohne Liebe geboren.
Dann gebar ich ein Kind und ich brach ihm das Herz. Ich trennte mich von ihm und jeder Kontakt bricht im erneut das Herz. Aber ich kann nicht aufhören Kontakt zu halten, also werde ich ihm immer mehr das Herz brechen und irgendwann wird da kein Herz mehr sein, welches ich brechen kann.
Der Fremde fragt: „Warum ändern Sie das nicht?“
Ich antworte: Weil meine Angst vor der Endgültigkeit des Todes noch zu groß ist.
Er steht auf und geht weg und ich sitze wieder allein und weine. Weine so lange, bis mich die Kälte der Gleichgültigkeit umgibt…
Ezri, Zürich, 23.02.2004