Vor ein paar Wochen war Kacem eingeladen zu einer Versammlung der Freidenkervereinigung der Schweiz, er wurde von Daniel Stricker begleitet, einem Blogger und Youtuber, der außerdem Präsident der Freidenkervereinigung in St. Gallen (Ostschweiz) ist.
Während ihrer Zugreise diskutierten sie ein Dokument welches von der Freidenkervereinigung vorbereitet wurde, betreffend einer Initiative der SVP, die ein gesetzliches Verbot der Burka in der Schweiz fordert.
Daniel Stricker hatte Bedenken, besonders weil das Thema eng verbunden ist mit Fragen der Menschenrechte, wie die persönliche Freiheit und dem Recht der Frauen, sich anziehen zu dürfen, wie sie möchten usw.
Er war aber auch völlig einverstanden mit dem Standpunkt der lokalen Freidenker: “Ich bin gegen die Burka, aber auch gegen das Verbot der Burka, weil das in der Schweiz schlicht noch kein Problem ist. Die Parteien des rechten Flügels (deren Mitglieder unter anderem auch Christen sind) wollen ein Thema daraus machen, um Stimmen zu gewinnen."
Als Mensch mit islamischem Hintergrund, der die implizite Bedeutung der Burka versteht, antwortete Kacem ihm:
Für mich erzwingt die Burka die Ungleichheit der Geschlechter und die Verachtung der Frau. Ich würde sogar sagen, dass sie ihre Existenzverleugnung ist, und eine Verleugnung ihres Rechtes, Raum in der Öffentlichkeit einzunehmen.
Es ist, als ob der Islam, mit seiner Hijab und Burka uns sagen wollte, dass der normale Platz der Frau zwischen den Mauern ihres Zuhauses ist, weg von den neugierigen Augen der Gesellschaft.
Ein Versuch, sie zu isolieren und sie ihres Rechts zu berauben, Erfahrungen und Erlebnisse mit der Gesellschaft auszutauschen, zu kommunizieren und Freundschaften zu schliessen.
Wie also können wir eine solch schwere Beeinträchtigung der Rechte der Frau in westlichen Gesellschaften zulassen, ohne jeden Versuch, eine solch rückwärtsgerichtete und kranke Kultur zu bekämpfen? Eine Kultur, welche die Frauen auf ein Loch für Sex reduziert, eine Maschine, die zur Fortpflanzung und zum Kochen dient. Ihre Geschlechtsgenossinnen hingegen, stehen im Westen mit Männern auf allen intellektuellen und künstlerischen Feldern im Wettbewerb. Vielleicht akzeptieren wir, mit viel Schmerz und Trauer, wie Frauen Burka tragen im TV oder im Internet, in Saudi Arabien, Afghanistan oder Iran…
Jedoch solche Sklaverei sich in westliche Länder wie die Schweiz einschleichen zu lassen unter der Maske dessen, dass man alternative Kulturen respektieren wolle, wäre nicht akzeptabel. Wie kann ich eine Kultur respektieren, die den Wert der Frauen degradiert und sie ihrer Grundrechte beraubt?
Es ist, als würde man Respekt vor dem Nationalsozialismus verlangen oder vor der Steinigung im Iran!
Offen gesagt, ist dies ein Versuch, den guten europäischen Geschmack zu verderben, indem die Kultur des Hijab und der Burka in den Westen exportiert wird. Die westliche Kultur, die in dieser Sache seit der Renaissance Fortschritte erzielt hat auch Dank der vielen Opfer der feministischen Bewegungen.
Die Burka, eine Verschleierung, ist ein großes Sicherheitsrisiko im sozialen Milieu. In das Gesicht eines Menschen zu schauen ist der beste Weg einen Menschen zu erkennen, seine Stimmung aufzunehmen. Das Sehen des Gesichtes hilft, Menschen untereinander zu kommunizieren. Das Gesicht eines Menschen drückt per Mimik Emotionen aus, Freude, Furcht, Wut, Angst, Glück. Wie kann ich mich etwa in einem Bus sicher fühlen, wenn die Person neben mir ihr Gesicht versteckt, und ich nicht einmal sicher sein kann, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelt, einen Freund oder einen Feind?
“Hijab und Burka tragen auch gefährliche religiöse und rassistische Botschaften: Ein derart gekleidetes Mädchen vermittelt die Idee, dass sie nur einen Muslim heiraten würde oder jemand, der zum Islam konvertiert ist. Dies könnte eine mögliche Integration in die westliche Kultur behindern oder zumindest erschweren. Jeder Muslim erwartet, dass seine Schwester (sowohl im religiösen als auch im wörtlichen Sinne) nur einen Muslim gebärt, und das ist auch der Grund, weshalb diese „Kleidermode“, eben Burka und ähnliches, in Schulen und Ausbildungsstätten, sowie an anderen sozialen und öffentlichen Orten, verboten werden sollte. Die Hijab, obwohl mit einer ähnlichen Konnotation versehen, bleibt eine moderate Form islamischer Bekleidung, und obwohl ich auch diese Praktik nicht sonderlich mag (warum, um der Gleichheit willen, bedecken denn nicht auch muslimische Männer ihre Haare?), so denke ich nicht, dass eine gesetzliche Regelung zum heutigen Zeitpunkt erstrebenswert ist. Ich muss dazu sagen, dass ein gesetzliches Verbot nicht genügen würde, das Problem zu lösen: Der Islam muss reformiert werden, so dass muslimische Frauen dieselben Rechte wie nicht-Muslime haben können… und so dass die alten Lehren erneuert werden, weil sie in die Vergangenheit gehören, wogegen die Zukunft der Freiheit gehört, der Gleichheit und den Menschenrechten. Aber weil es scheint, als gäbe es keine Neugestaltung und Intellektualisierung innerhalb des islamischen Körpers, ist die gesetzliche Lösung die einzig mögliche.
Während meines Besuches in Zürich war ich überrascht, Burka tragende Frauen mit ihren Kindern am Fluss (Limmat) sitzen zu sehen. Die Szene erschien mir so exotisch, obwohl ich doch den Anblick von Frauen in Hijab und Burka in meinem Heimatland Marokko gewöhnt war. Ich hatte nicht erwartet, dass eine so kranke Mentalität über seine Grenzen hinausgeht und alles wie Krebs infiziert.
Es ist nicht eine notwendige Praktik der Religion, wie es viele extremistische Lehrmeister darstellen, sondern in ihrer jetzigen Form vielmehr eine jüngere Erfindung der salafistischen Glaubensrichtung. Ähnliche Kleidungsformen existierten lange vor dem Islam und auch in verwandten Zivilisationen, aber als sie damit begannen diese in der muslimischen Bevölkerung zu verbreiten, hat sie niemand aufgehalten. Stattdessen wurde die neue Bekleidungsform von vielen begrüßt als eine Möglichkeit, Frauen zu versklaven und ihre Bewegungen einzuschränken.
Einige Leute sagen, dass die Burka in der Schweiz nicht als Phänomen bezeichnet werden kann, die ein gesetzliches Verbot rechtfertigt, aber warum denn nicht? Warum müssen wir warten, bis das Problem tatsächlich ein verbreitetes Phänomen wird, mit einer breiten Basis an Unterstützern, und dann wäre die Herausforderung noch viel grösser, und es wäre noch viel schwieriger die Burka gesetzlich zu verbieten?
Es wäre weiser, die Burka und ähnliche kulturelle Praktiken, die den Wert der Frauen degradieren und ihre Freiheit einschränken, von Anfang an zu verbieten.
Ich flehe die Menschenrechtsaktivisten an, diese Phänomene sozial und historisch zu diskutieren, bevor sie ein positives oder negatives Urteil fällen, statt die Methoden der sportlichen Kritik zu benutzen, welche schwach sind und nicht akzeptabel. Das Tragen der Burka erscheint vielleicht wie ein Recht, das geschützt werden muss, aber Tatsache ist, dass es nichts mehr ist als eine Manifestation negativer und inhumaner Kultur.
Dieser Artikel wurde auf Englisch verfasst von Kacem El Ghazzali. Der Originaltext kann auf seinem eigenen Blog nachgelesen werden. Diese Übersetzung erfolgte auf seinen Wunsch von Daniel Heiniger.
Sehr guter Artikel! Man stelle sich vor, Frauen lassen sich in rollenden Käfigen von ihren "Schutzbeauftragten" hinterherziehen, natürlich ganz freiwillig. Oder Schwarze fördern eine Regelung, wonach ihnen das Betreten von Plätzen, die Weißen vorbehalten sind, nicht zusteht, auch freiwillig. Wo zieht man die Grenze, ab der man Menschen vor sich selbst und einem allfälligen Gruppenzwang schützen muss? Ich denke, viele schweigen in Sachen Islamisierung und Frauenrechte aus Angst, Beifall "von der falschen Seite" zu bekommen.