Nicht ganz nüchtern, oder wie ich mir die Nase brach…

 

Nicht ganz nüchtern, oder wie ich mir die Nase brach…

 

*kringel*… zur Einstimmung mal etwas von den wirklich älteren Semestern.

Meine Oma, damals schon über 60 Jahre trank gerne mit ihrem "Kaffeekränzchen" Metaxa. Und wie die lustigen Dame sich mal wieder eine Metaxa-Schelle gaben wollten oder mußten sie noch irgendwohin fahren. Es war schon dunkel, also schalteten sie das Licht ein. Irgendwann wurden sie an einer Kreuzung von einem anderen freundlichen Verkehrsteilnehmer darauf hingewiesen, daß es nicht wirklich dem Autofahren dienlich ist, nur die Innenbeleuchtung anzuhaben… *prust*

Tja… nun zu meiner kleinen Sünde… und wie es sich gehört wirds diesmal gruselig blutig…

Ich bin ja noch in einer anderen Online-Rollenspieltruppe und da wir uns schon länger kennen, veranstalten wir regelmäßig ein Treffen. Besagtes Treffen fand dann in der Jugendherberge in Hannover statt.
Wir hatten unser Wiedersehen schon mit mehr als reichlich Baileys gefeiert, da kamen wir auf die glorreiche Idee ins Kino gehen zu wollen.

-Kurzer Zwischenruf: Einem unserer Spieler hatte ich zuvor Handschellen angelegt. Und zwar echte… –

Ich bin ja von recht kleiner Statur und erwecke oft in den Köpfen der starken Männlichkeit, das Bedürfnis mich tragen zu wollen.
Auch an diesem Abend also kletterte ich auf die Schultern eines jungen starken Recken. Dieser, kräftig wie ein Bär und übermütig wie ein junges Füllen rannte mit mir auf den Schultern los. Über eine unbeleuchtete Brücke führte der Weg und da passierte es. Der junge Mann geriet ins Stolpern, weil da frech ein unbekannter Gegenstand faul im Wege herum lag. Und wir stürzten. Und wie wir da so am stürzen waren, und ich den rauen dunklen Asphalt so auf mein Gesicht zukommen sah, streckte ich meine Hände tapfer nach vorne und legte vorsichtshalber mein Kinn auf die Brust, aus Angst mir dasselbe zu zertrümmern.
Wir hatten doch eine recht hohe Geschwindigkeit erreicht gehabt, als die Schwerkraft, die es nun ja leider auch in Hannover gibt, uns zu Boden zwang. Wie ich dann so da lag, hörte ich von hinten eine Stimme:
" Ist das jetzt echt, oder ist das wieder eine von Ezris Shows?"
Innerlich mußte ich kichern, nur äußerlich leider nicht, da ich mich irgendwie nicht bewegen konnte und in dieser entsetzlichen Bauchlage noch etwas ausharren mußte.
Ich hasse es auf dem Bauch zu liegen.
Irgendwann hatten sich dann alle um mich herum versammelt und wechselten sich mit wilden Diagnosen und gutem Zureden, ich möge wieder aufstehen, ab. Als ich mich dann doch endlich mal bequemte aufzustehen, muß ich einen schrecklichen Anblick geboten haben, denn augenblicklich wurden die Stimmen, die immer noch diagnostizierten etwas leiser. Tränen rannen mir aus den Augen, dachte ich, bis einer dann meinte:
"Halt mal still, ich will Dir mal das Blut aus den Augen wischen…"
Langsam gingen wir also zurück zur Jugendherberge. Der arme junge Mann, der zunächst noch die Handschellen mit einem gewissen devoten Stolz trug, bettelte nun mehr verzweifelt um die Schlüssel, auf daß er sich aus der peinlichen Lage befreien könnte.
Also kramte ich mit meinen blutigen aufgeschürften Händen in meinen Hosentaschen und zu seiner Erleichterung gelang es mir besagtem Schlüssel zu finden.
In der Jugendherberge angekommen besah ich erstmal meine Hände bei vollem Licht.
"Wow, so genial hab ich die noch nie schminken können."
War mein erster begeisterte Ausruf. Der junge männliche Angestellte konnte diese Begeisterung allerdings nicht teilen und fragte schon halbpanisch, ob er denn einen Krankenwagen rufen solle. Nach einigem Zögern bejahte ich diese Frage, denn es war mir nicht unwichtig zu wissen, ob ich eine Gehirnerschütterung davon getragen haben könnte.
"Ähm.. was für eine Telefonnummer soll ich denn wählen?"
Leicht fassungslos schaute ich den jungen Mann an und antwortete pikiert und belustigt zu gleich:
" Wie wäre es mit 110 oder 112? Oder die direkte Nummer des Krankenhauses. Sollte im Telefonbuch zu finden sein… Ich bin nicht aus Hannover… "
Pflichtbewußt eilte der junge Mann von dannen um dann mit dem Hannoveraner Telefonbuch zurückzukommen. Irgendwie muß er es dann doch geschafft haben einen Krankenwagen zu rufen, denn nach einiger Zeit kam ein weiß gekleideter Rettungssanitäter auf mich zu.
"Na, Nase gebrochen?"
Er lächelte mich neckisch an und ich verneinte seine Frage verhement. Doch es nützte nichts schon eine leichte Berührung meiner Nase lies mich aufschreien.
"Autsch, soll ich dir auch mal die Nase umdrehen?"
Ich weiß, es war übertreiben, denn er hatte sie ja nur leicht berührt, aber der Alkohol und der Schmerz… . Artig folgte ich und einer meiner Rollenspieler dem Rettungssanitäter in den Krankenwagen und fuhren sodann eine Runde durch Hannover, bis wir endlich im Krankenhaus ankamen. Da ich, als echter Trekkie in Verkleidung meiner Rasse (Trill), die ich spielend verkörpere, im Krankenhaus ankam, meinte die Schwester in der Notaufnahme zu mir:
"Na, der wievielte Wirt biste denn?"
Ein sicheres Zeichen, daß diese ebenfalls ein Star Trek Fan ist.
"Der fünfte", antwortete ich forsch: "Ich hoffe Ihr seid auf Symbionten eingerichtet."
"Na klar… "
Und ich wurde in ein kleines OP gebracht, zu dessen Einrichtung auch ein Spiegel gehörte. Fasziniert betrachtete ich die Verläufe des Blutes, die sich in irrwitzigen Windungen über mein Gesicht zogen. Die Haut der Nase klaffte recht weit auseinander und auch die Stirn war an der einen Seite etwas beschädigt worden. In meinen Händen hatten es sich kleine Steinchen bequem gemacht und zu diesem Zwecke die Haut aufgerissen und zur Seite geschoben.
Irgendwann nach längerer Wartezeit mußte ich mich dann doch auf solch ein fahrbares Bett legen, damit der Pfleger treffsicher jede Wand mitnehmen konnte auf dem Weg zum Röntgenraum. Die Herrin des Röntgengerätes wies mich an, auf dem Röntgentisch Platz zunehmen. Zu meinem Leidwesen in Bauchlage.
Bauchlage, das zweite Mal schon an diesem Abend, schrecklich.
Meine Verletzungen, Schürfwunden an Bauch, Knie und wie schon erwähnt Hände ließen mir nur eine Möglichkeit. Nur auf Ellenbogen und Zehenspitzen gestützt wartete ich das Surren des Röntgenapparates ab, das mit zeigte, daß ich nun auch von innen belichtet wurde. Leider aber ließ sich die Herrin der Röntgenstrahlen Zeit, da sie telefonisch erst noch und höchst wichtig verkünden mußte, daß sie nun eine schwerverletzte Person röntgen müsse. Ich wunderte mich, denn ich hatte bis dahin noch keine schwerverletzte Person gesehen, wen könnte sie gemeint haben?
Mit Grausen erinnere ich mich noch, daß ich mein Gesicht aufs Laken legen sollte… Auf meine Nase!! Auf meine Stirn!!
Tapfer stemmte ich mich gegen die Hand, die meinen Kopf dem Laken immer näher drückte, bis das unschuldige Weiß des Lakens von meinem Blute benetzt wurde..
Endlich war das Röntgen beendet und wieder traf der junge Pfleger zielsicher alle Wände mit dem Bett auf Rollen, bis hin zum kleinen OP-Raum. Und nun dauerte es auch endlich nicht mehr sooo lange, bis sich dann einer der Ärzte erbarmte. Nein, es war nicht nur ein Arzt, es waren sogar zwei. Ein männlicher und ein weiblicher. Der männliche Arzt schien irgendwann mein Flehen, nicht zu nähen erhört zu haben und schob nun behutsam die klaffende Haut auf meinem Nasenbein mit Hilfe von kaltem medizinischem Stahl zusammen. Es war irgendwie ein kitzeliges Gefühl, was ich fast schon genoß, als die Ärztin mit unglaublicher Brutalität mir H²O² auf die offenen Handflächen schüttete.
Es brodelte und zischte auf der zerschundenen Haut. Die kleinen kalkhaltigen Steinchen reagierten auf die Flüssigkeit und ich auch.
"AU… DAS TUT WEH…"
Ich zuckte mit den Händen weg. Wenig mitleidig kam dann von der Ärztin:
"Halten Sie still, ich muß die Steine aus ihren Händen holen."
Ich sammelte mich kurz, hielt dann selber meine Hände straff gespannt ihr entgegen und ließ sie mit einer spitzen Schere und einer Pinzette in Ruhe das Gestein aus meinem Fleisch fischen. Endlich war ich medizinisch versorgt und der wackere Freund, der so lange im Wartezimmer ausharren mußte, konnte mich nun wieder in Empfang nehmen.
"Müssen wir jetzt ein Taxi nehmen?"
Und überschlug schon mal im Geiste meine Barschaft.
"Aber nein, die Jugendherberge ist gleich da drüben."
Mit diesen Worten deutete er auf den heimeligen Lichtschein in der Dunkelheit. Das Krankenhaus lag höchstens 100 Meter von der Jugendherberge entfernt, getrennt durch einen Park, durch den der Krankenwagen wohl nicht fahren durfte…

Man… war das funny… zwar tat das Lachen hinterher immer an der Stirn weh, weil die ja auch aufgeschlagen war… aber ich kam gegen die Lachanfälle einfach nicht an

Real geschehen Herbst 2001

 

 

Share